Gründung des Monats: qinu

VERÖFFENTLICHT AM
02.08.2022
Autor
Daniela Musial-Lemberg
Kategorie
Gründer des Monats
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Wofür steht euer Unternehmen?
Qinu ist ein Unternehmen, welches hoch technologisierte Systeme für Industrie und Forschung entwickelt und herstellt. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen handelt es sich um außergewöhnliche Kühlsysteme, welche extreme Bedingungen wie beispielsweise sehr tiefe Temperaturen (0.01 °C über dem absoluten Nullpunkt) und Vakuum erzeugen können, sowie Schutz vor elektromagnetischer Strahlung bieten. In der Vergangenheit wurden diese sogenannten Verdünnungskryostaten vor allem in der Grundlagenforschung genutzt. Aufgrund der aufkommenden Quantentechnologien wie Quanten-Computing, Quanten-Sensorik und Quanten-Kommunikation gibt nun zunehmend bedarf in neuen Forschungszweigen und auch in der breiteren Industrie. Unsere Qinu-Systeme zeichnen sich durch eine hohe Kühleffizienz, sehr kompakte Bauweise und extrem schnelle Abkühlzeiten aus und unterscheiden sich dadurch sichtbar von den Systemen unserer Mitbewerber. Wir möchten damit der Industrie und Forschung eine Plattform bereitstellen, auf welcher sie ihre individuellen Technologien bestmöglich realisieren können.

 

Wo und wie kam euch die zündende Idee zur Gründung?
qinu selbst wurde im März 2021 gegründet und ist damit etwas mehr als 1 Jahr alt, unsere Systeme weisen jedoch eine deutlich längere Entwicklungsgeschichte auf. Beginnend in Grenoble (Frankreich) wurde diese Art von Kryostat über viele Jahre weiterentwickelt und optimiert. Hierbei war unser Mitgründer Wolfgang Wernsdorfer stark beteiligt, wobei sein Doktorvater das ursprüngliche Design entwickelt hatte. Die Kryostaten sind in dieser Zeit jedoch nie aus der Forschung herausgewandert und wurden nur in engen Forschungskollaborationen entwickelt und genutzt. Als Wolfgang vor 6 Jahren ans KIT kam, brachte er sein Knowhow und einige Systeme mit. Über die Jahre ist uns durch den Kontakt zu anderen Forschenden mehr und mehr bewusst geworden, wie groß das Bedürfnis nach einen solchen Kryostaten im Bereich der Forschung und Industrie ist und welches Potential sich dahinter verbirgt. Wir Gründer haben uns somit zusammengefunden und geschaut, wie wir diesen Transfer von Forschung zu Industrie bewerkstelligen können und welche Hürden es alle für einen Unternehmensaufbau zu überwinden gilt.

Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden?
Wir drei Gründer haben uns in der Forschungsgruppe von Wolfgang kennengelernt und kennen einander nun seit vielen Jahren. Da in der Forschungsgruppe die Systeme bereits in einer früheren Version genutzt und hergestellt wurden, hatten wir alle bereits vor der Gründung viel praktische Erfahrung mit der Fertigung, aber auch mit der Beschaffung der Einzelteile etc.

 

Wo seht ihr die Hürden beim Gründungsprozess? Wo habt ihr euch Unterstützung geholt?
Um ein Produkt aus der Forschung kommerziell zu Realisieren und auf den Markt zu bringen, gibt es zu Beginn viele Fragen und Unklarheiten. Was für uns in diesem Sinne die erste große Hürde war, war die Informationsbeschaffung. Uns war wichtig genau zu verstehen, welche Möglichkeiten des Forschungstransfers es gibt und welche Vor- und Nachteile diese haben. Nachdem klar war, dass wir dies eigenständig über eine Gründung durchführen möchten, galt es zu klären, wie man überhaupt ein Unternehmen gründet, welche Finanzierungsmethoden gibt es und weiteres. Hierbei haben wir uns Unterstützung geholt, wo wir nur konnten. Hilfreich waren dabei Beratungsstellen aus dem Umfeld des KITs, aber auch die unterschiedlichen IHKs bilden eine gute Informations- und Beratungsgrundlage. Ganz besonders hilfreich waren für uns Treffen und Gespräche mit jungen Gründer*innen selbst.

 

Was war in der Gründungsphase eine eurer größten Herausforderung?
Unsere Produkte sind komplexe technische Systeme mit einer durchschnittlichen Lieferzeit von 6-7 Monate. Entsprechend war und ist immer noch für uns das Fertigungsmanagement und Produktionsplanung sehr fordernd. Vom Aufbau einer stabilen Supply-Chain bis hin zum Wissenstransfer der Fertigung von den Gründern zu den ersten Mitarbeitenden gibt es dabei viele kleinere Herausforderungen, vor allem zu Zeiten von Corona. Hier haben wir mit der Zeit große Fortschritte gemacht, allerdings sehen wir auch nach einem Jahr noch Optimierungspotential.

Hatte Corona bisher einen Einfluss auf euer Start-up/ Branche und wenn ja, welche?
Wenn man zu den direkten Auswirkungen wie Covid-19 und Homeoffice auch die indirekten Auswirkungen auf die Lieferketten hinzunimmt ein klares Ja. Als wir 2021 die ersten Einzelteile für die Fertigung der ersten Systeme beschafft haben gab es viele böse Überraschungen. Von Stornierungen unserer Bestellungen über stark verspätete Lieferungen war leider alles dabei. Aufgrund der Halbleiter-Krise war manche Elektronik überhaupt nicht mehr erhältlich und wir waren gezwungen eigenständige Entwicklungen zu betreiben. Das hat vor allem viel Zeit gekostet, die man in einem jungen Start-Up für gewöhnlich nicht hat.

 

Welche Eigenschaft sollte man aus eurer Sicht als Gründer*in mitbringen?
Als Gründer*in wird man ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert, bei denen man nicht sofort die Lösung kennt. Man sollte eine gewisse intrinsische Motivation und Neugierde mitbringen, damit man nicht müde wird sich diesen Herausforderungen zu stellen. Das setzt natürlich ein gewisses Durchhaltevermögen bzw. Ausdauer aus. Eigenständigkeit ist sicher wichtig, dennoch sollte man Spaß an Teamarbeit haben; denn allein bekommt man die Aufgaben nicht gemeistert. Zu guter Letzt sollte man eine Gründung nicht als Risiko oder existenzielle Bedrohung war nehmen, sondern als einzigartige Chance und Abenteuer.

Habt ihr ganz praktische Tipps für andere junge Unternehmensgründer*innen?
Nehmt so früh wie möglich Kontakt zu anderem Gründer*innen auf und stellt Fragen so viele ihr könnt. Wir haben vor der Gründung beispielsweise andere Gründer*innen direkt angeschrieben und gefragt, ob man sich zu einem Mittagessen oder Kaffee treffen könnte. Dadurch bekommt man nicht nur Einblicke in Details, sondern auch Anekdoten zu Herausforderungen, die es für die Gründer*innen zu lösen galt. Von erster Hand zu erfahren, dass andere auch anfänglich viele Herausforderungen meistern mussten, ist sehr beruhigend.

 

Was würdet ihr aus heutiger Sicht vielleicht anders machen/ angehen?
Wir sind im Großen- und Ganzen mit den einzelnen Entscheidungen sehr zufrieden. Ein großer Faktor ist und war bei uns immer die Zeit. Hier hätten wir sicher mehr Fokus auf höhere Effizienz und Effektivität legen können; manche Prioritäten hätten wir sicher auch anders setzten können. Zusätzlich ist natürlich ein größeres Team immer hilfreich, um Aufgaben besser zu verteilen. An dieser Stelle hätten wir früher und engagierter nach neuen Mitarbeiter*innen suchen können.

 

Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus? Was sind eure nächsten großen Meilensteine?
Unser aktueller Fokus ist der Unternehmensaufbau. Neben der Optimierung der Fertigung sind auf der Suche nach neuen Mitarbeitenden, sowohl für die eigentliche Fertigung, aber auch für die Administration oder den Vertrieb. Zusätzlich sind wir aktuell noch delokalisiert bei den Büro- und Fertigungsflächen, weswegen wir auf der Suche nach einem geeigneten Produktionsgebäude in Karlsruhe und Umfeld sind. Aktuell fokussieren wir uns aufgrund der großen Nachfrage und der geringeren Komplexität auf den europäischen Markt. Ein nächster großer Schritt wird dann sicher die Erschließung neuer Märkte sein, vorzugsweise den US-amerikanischen Markt.

 

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen! ☺

 

PODCAST

Hört rein in unsere Podcastfolge Gründung des Monats: qinu.

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