part of Startup Factory

Gründung des Monats: Streamlingo

VERÖFFENTLICHT AM
20.10.2025
Autor
Emma Schmitt
Kategorie
Gründung des Monats
Zur Übersicht

⁠Streamlingo⁠ steht dafür, Sprachbarrieren bei Live-Veranstaltungen mithilfe von KI zu überwinden. Das Startup verfolgt das Ziel, dass niemand mehr ausgeschlossen wird, nur weil jemand die Sprache nicht versteht. Ihr Fokus liegt dabei auf Kirchengemeinden – ein Bereich, der oft übersehen wird, in dem sie aber einen großen Bedarf sehen. Natürlich kann Streamlingo aber auch für andere Veranstaltungen genutzt werden. So hat beispielsweise das Karlsruher Institut für Technologie die Lösung bereits bei mehreren Konferenzen eingesetzt.

 

Mit Streamlingo können Teilnehmer:innen einfach ihr Handy zücken, einen QR-Code scannen und die Live-Übersetzung direkt über ihre eigenen Kopfhörer hören – in über 80 Sprachen. Die Anwendung ist einfach gestaltet, sowohl für Zuhörer:innen als auch für Veranstalter:innen: Die Einrichtung dauert nur wenige Minuten und erfordert keine zusätzliche, teure Hardware.

 

Im Gespräch mit Moderatorin Daniela erzählen die beiden, warum Kirche & Gemeinde eine unterschätzte, aber großartige Zielgruppe sind, wie schnell sich ihr Startup entwickelt hat und warum die Branche viel dynamischer und kreativer ist, als man auf den ersten Blick denkt. Hier findest du das ganze Interview auf Spotify.

Wofür steht euer Unternehmen?

Streamlingo steht dafür, Sprachbarrieren bei Live-Veranstaltungen mithilfe von KI zu überwinden. Wir wollen, dass niemand mehr ausgeschlossen wird, nur weil er oder sie die Sprache nicht versteht.

Unser Fokus liegt dabei auf Kirchengemeinden, ein Bereich, der oft übersehen wird, aber wo wir einen riesigen Bedarf sehen. Viele Gemeinden haben Menschen aus unterschiedlichen Ländern in ihren Gottesdiensten, die gerne dabei sein möchten, aber kaum etwas verstehen. Aber natürlich kann jeder uns für Veranstaltungen nutzen. Das KIT hat uns beispielsweise bereits für mehrere Konferenzen eingesetzt. Mit Streamlingo können Teilnehmer einfach ihr Handy zücken, einen QR-Code scannen und die Live-Übersetzung direkt über ihre eigenen Kopfhörer hören in über 80 Sprachen. Es ist einfach gestaltet für die Zuhörer und auch für die Veranstalter. Die Einrichtung dauert wenige Minuten und es braucht keine zusätzliche teure Hardware.

Wo und wie kam euch die zündende Idee zur Gründung?

 

Die Idee entstand ganz klassisch beim Abendessen. Tim saß mit seinem Vater zusammen, der Pastor in Karlsruhe ist, und sie sprachen über ein Problem, das viele Gemeinden haben: Es kommen immer mehr Menschen mit unterschiedlichen Sprachhintergründen zum Gottesdienst, aber sie verstehen kaum etwas. Dolmetscher zu finden ist schwierig und es sind oft wenige, die jeden Sonntag die Aufgabe übernehmen. Für die meisten Sprachen gab es kein Angebot.

 

Tim, der Informatik studiert hat, dachte sich: „Dafür muss es doch mittlerweile eine KI-Lösung geben!“ Also hat er angefangen, die erste Version von Streamlingo für die Gemeinde seines Vaters zu entwickeln. Das Feedback war überwältigend. Schnell kamen andere Pastoren auf seinen Vater zu und fragten, ob sie die Lösung auch nutzen könnten.

 

Da wurde ihm klar: Das ist kein Problem einer einzelnen Gemeinde, das ist ein riesiger, ungelöster Bedarf. Und so entstand die Idee, daraus ein Unternehmen zu machen.

 

Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden?

 

Tim und Elly kennen sich aus der Gemeinde. Im Frühling 2024 zeigte Tim ihr die erste Version von Streamlingo – und Elly war sofort Feuer und Flamme. Sie fing an, Tim beim Design und später auch in der Kundenkommunikation zu unterstützen.

 

Weil Ellys Ehemann Nathan als Designer arbeitet, schaute er sich die Designs immer wieder an, gab Feedback und hat richtig mitgefiebert. Die Begeisterung wurde so groß, dass er Anfang 2025 seinen Job kündigte und bei Streamlingo einstieg. Kurz darauf kam Jakob als Vollzeit-Entwickler dazu und hat uns von Anfang an enorm unterstützt.

 

Wir sind nicht einfach nur Kollegen – wir brennen für das Projekt und wollen wirklich etwas bewegen. Diese Begeisterung steckt an und zieht die richtigen Leute an. Mittlerweile sind wir auf neun Teammitglieder gewachsen, darunter zwei Vollzeit-Entwickler, ein IT-Praktikant und Unterstützung in den Bereichen Social Media, Kundenbetreuung und Event-Support.

Was ist eure große Vision?

 

Unsere Vision ist es, dass es schon in wenigen Jahren völlig normal ist, bei jeder Veranstaltung eine Übersetzung angeboten zu bekommen, genauso selbstverständlich wie WLAN oder ein Beamer. Die Technik entwickelt sich rasend schnell, und wir wollen an vorderster Front dabei sein.

 

Dabei wollen wir die Nummer 1 unter den KI-Live-Übersetzungslösungen für christliche Vor-Ort-Veranstaltungen werden. Wir glauben fest daran, dass wir durch unseren Fokus auf Kirchen das beste Produkt für diese Zielgruppe entwickeln können, mit Funktionen wie unserem christlichen Glossar, das theologische Begriffe präzise übersetzt.

 

Wo seht ihr nennenswerte Hürden beim Gründungsprozess?

 

Die größte Hürde war ehrlich gesagt, dass wir von vielem einfach keine Ahnung hatten. Wie gründet man überhaupt ein Unternehmen? Was muss man rechtlich beachten? Welche Förderungen gibt es eigentlich? All das mussten wir uns erst mühsam erarbeiten.

 

Dann kam die Herausforderung, einen vernünftigen Businessplan zu schreiben und richtig zu pitchen. Das sind Dinge, die man nicht im Studium lernt – zumindest nicht in der Tiefe, wie man sie als Gründer braucht. Wir haben viel ausprobiert, Fehler gemacht und daraus gelernt.

 

Eine weitere Hürde war das Team. Zwei Personen, die eigentlich bei uns mitmachen wollten, sind kurzfristig abgesprungen. Das war frustrierend und hat uns auch zurückgeworfen, weil wir plötzlich neu planen mussten. Aber letztendlich hat es uns auch gezeigt, wie wichtig es ist, Menschen im Team zu haben, die wirklich zu 100 % dabei sind und die gleiche Vision teilen.

 

Wo habt ihr euch Unterstützung geholt?

 

Ganz am Anfang waren das CyberForum und das CyberLab eine riesige Hilfe für uns. Dort haben wir nicht nur die Grundlagen des Gründens gelernt, sondern auch ein tolles Netzwerk aufgebaut. Besonders den Accelerator können wir wirklich jedem empfehlen – das hat uns enorm nach vorne gebracht.

 

Die KIT-Gründerschmiede hat uns mit anderen Gründern connected, was auch wertvoll war, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen.

 

Besonders dankbar sind wir für das EXIST-Gründerstipendium, das uns in der Anfangsphase enorm geholfen hat, und für die Förderung durch die L-Bank. Ohne diese Unterstützung wären wir nicht da, wo wir heute sind.

 

Außerdem haben wir uns Mentoren gesucht, die uns mit ihrer Erfahrung zur Seite stehen – gerade in rechtlichen und strategischen Fragen war das Gold wert.

 

Was waren in eurer Gründungsphase besonders große Herausforderungen?

 
>Zu viele Aufgaben, zu wenig Leute: In der Anfangsphase mussten wir einfach alles selbst machen. Tim hat programmiert, sich um die Finanzen gekümmert, Förderanträge geschrieben und den Businessplan ausgearbeitet. Ich habe mich parallel um Kunden, Vertrieb und Marketing gekümmert. Da ist es wirklich schwer, einen klaren Fokus zu setzen, und man muss sich in so viele neue Themen einarbeiten. Aber das ist wahrscheinlich ganz normal für Start-ups – man lernt beim Machen und wächst mit den Aufgaben.
 
Steuern und rechtliche Fragen: Eine andere große Herausforderung war die Steuererklärung und überhaupt zu verstehen, was wir rechtlich machen dürfen und was nicht. Das sind Themen, mit denen man sich als Gründer plötzlich intensiv beschäftigen muss, auch wenn man eigentlich lieber am Produkt arbeiten würde. Wir haben viel Zeit investiert, um uns hier schlau zu machen und keine Fehler zu machen.

Hat sich seit der formalen Gründung etwas für euch geändert?

 

Auf jeden Fall! Seit der GmbH-Gründung im Mai 2025 fühlt sich alles professioneller und verbindlicher an. Wir sind jetzt keine Hobby-Bastler mehr, sondern ein richtiges Unternehmen mit echten Verantwortlichkeiten – das bringt natürlich auch mehr Druck mit sich, aber auch mehr Motivation.

 

Ein großer Meilenstein war, dass wir uns nach der Gründung für BW Preseed bewerben konnten. Die Zusage hat uns enorm geholfen – wir haben jetzt deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, um zu wachsen und gezielt in Entwicklung und Vertrieb zu investieren.

 

Praktisch hat sich verändert, dass wir jetzt Mitarbeiter einstellen können und dadurch endlich Aufgaben abgeben können, die uns vorher überfordert haben. Das gibt uns mehr Luft, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Produkt weiterzuentwickeln und neue Kunden zu gewinnen.

 

Wie habt ihr das Problem der (Anschluss-)Finanzierung gelöst?

 

Wir finanzieren uns aktuell hauptsächlich über Förderungen. Das EXIST-Gründerstipendium hat uns in der Anfangsphase den nötigen Rückhalt gegeben, um überhaupt starten zu können. Danach kam die Förderung durch die L-Bank dazu, die uns weitere Spielräume eröffnet hat. Dadurch hatten wir die finanziellen Mittel gegeben, um gezielt in Entwicklung und Vertrieb zu investieren und unser Team zu vergrößern. Damit können wir jetzt richtig skalieren.

 

Parallel dazu generieren wir auch schon Umsatz durch unsere Kunden. Über 90 Gemeinden nutzen Streamlingo regelmäßig, und dieser Kundenstamm wächst stetig. Unser Ziel ist es, cashflow-positiv zu werden und dann unabhängig von Förderungen zu sein. Große Investoren haben wir bewusst noch nicht an Bord geholt. Wir wollten erst einmal beweisen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert und organisch wachsen.

 

Haben aktuelle globale Krisen Auswirkungen auf euer Startup?

 

Direkte negative Auswirkungen haben wir nicht, da wir ein reines Software-Unternehmen sind und keine physischen Produkte herstellen oder Lieferketten haben.

 

Es ist eher im Gegenteil. Viele Kirchengemeinden nutzen Streamlingo, weil sie ukrainische Übersetzung brauchen. Seit dem Ukraine-Krieg sind in Deutschland viele Geflüchtete angekommen, die gerne am Gemeindeleben teilnehmen möchten, aber die Sprache nicht verstehen. Für diese Kirchen ist Streamlingo eine echte Lösung, um diese Menschen zu integrieren und ihnen das Gefühl zu geben, dazuzugehören. Das zeigt auch, wie wichtig unser Tool ist – nicht nur technisch, sondern auch menschlich. Wir helfen dabei, Gemeinschaft zu ermöglichen, gerade in schwierigen Zeiten.

 

Was sind eure nächsten großen Meilensteine in den kommenden 12 Monaten?

 

In den nächsten 12 Monaten haben wir einiges vor:

 

  • Skalierung in Europa: Wir wollen unseren Kundenstamm deutlich ausbauen – von aktuell über 90 Kunden auf fünfhundert. Dafür stellen wir gezielt Vertriebsmitarbeiter ein und bauen unser Marketing aus.
  • Rollout in Großbritannien: Wir haben bereits einen Vertriebspartner in UK und wollen dort richtig Fuß fassen. Der britische Markt bietet enormes Potenzial, und wir sind gespannt, wie Streamlingo dort angenommen wird.
  • Produktweiterentwicklung: Wir arbeiten an neuen Features wie der automatischen Transkription von den Vorträgen/ Predigten und der Erstellung von Zusammenfassungen. Langfristig wollen wir Gemeinden dabei helfen, aus ihren Inhalten das Beste rauszuholen und zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird.
  • Cashflow-Positivität: Ein wichtiges Ziel ist es, in den nächsten 12 Monaten cashflow-positiv zu werden, sodass wir unabhängig von Förderungen sind und organisch weiterwachsen können.

 

Welche Eigenschaft sollte man aus eurer Sicht als Gründer*in mitbringen?

 

Die wichtigste Eigenschaft ist für uns Durchhaltevermögen. Es wird immer Momente geben, in denen Dinge nicht so laufen wie geplant – sei es, dass Teammitglieder abspringen, technische Probleme auftauchen oder Kunden zögern. Man muss bereit sein, auch in frustrierenden Phasen weiterzumachen und an die eigene Vision zu glauben.

 

Dazu kommt Lernbereitschaft. Als Gründer muss man sich ständig in neue Themen einarbeiten – von Steuern über Recht bis hin zu Marketing und Vertrieb. Man kann nicht alles können, aber man muss bereit sein, sich alles anzueignen oder die richtigen Leute zu finden, die einem helfen.

 

Und ganz wichtig: Begeisterung für das Projekt. Wenn du nicht selbst von deiner Idee überzeugt bist und dafür brennst, wird es schwer, andere mitzureißen – egal ob Kunden, Mitarbeiter oder Förderer. Diese Begeisterung ist ansteckend und trägt dich auch durch schwierige Zeiten.

 

Habt ihr ganz praktische Tipps für andere junge Unternehmensgründer*innen?

 

Holt euch frühzeitig Unterstützung: Nutzt Angebote wie das CyberForum, CyberLab oder Accelerator-Programme. Wir haben dort unglaublich viel gelernt und wertvolle Kontakte geknüpft. Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden – andere sind den Weg schon gegangen und können euch viele Umwege ersparen.

 

Nutzt KI-Tools maximal aus: KI-Tools wie Claude, ChatGPT und Co. sind Gold wert! Ihr könnt damit alle möglichen Fragen stellen, Texte schreiben, Code debuggen oder euch in neue Themen einarbeiten – und das in Sekunden. Große Firmen dürfen oft aus rechtlichen oder Compliance-Gründen KI-Tools nicht in dem Ausmaß nutzen, wie es eigentlich möglich wäre. Da haben wir Start-ups einen enormen Vorteil: Wir können schneller sein, agiler arbeiten und Dinge ausprobieren, die andere erst in Monaten umsetzen können. Nutzt das!

 

Fokussiert euch auf eine Nische: Es ist verlockend, für alle alles sein zu wollen, aber spezialisiert euch lieber auf eine Zielgruppe und macht dort das beste Produkt. Bei uns sind es Kirchengemeinden – und genau dieser Fokus hilft uns, besser zu werden als die Konkurrenz.

 

Bleibt nah am Kunden: Redet mit euren Nutzern, hört ihnen zu und baut euer Produkt basierend auf echtem Feedback. Wir testen jede Woche mit Gemeinden und lernen dabei unglaublich viel.

 

Sucht euch das richtige Team: Arbeitet nur mit Leuten zusammen, die genauso für das Projekt brennen wie ihr. Wenn jemand nicht zu 100 % dabei ist, wird es früher oder später nicht funktionieren.

 

Was würdet ihr aus heutiger Sicht vielleicht anders machen?

 

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage, weil wir rückblickend ziemlich zufrieden sind mit dem Weg, den wir gegangen sind. Natürlich könnte man immer sagen „mehr Kunden“ oder „schneller wachsen“, aber wir haben unsere Prioritäten sehr bewusst gesetzt.

 

Eine Sache, die wir vielleicht früher hätten angehen können, ist ein globales Abrechnungssystem. Das hätte uns später etwas Arbeit erspart. Allerdings wären dann auch internationale rechtliche und steuerliche Fragen viel früher auf uns zugekommen – und dafür hatten wir damals einfach keine Kapazitäten. Manchmal muss man Dinge nacheinander abarbeiten, auch wenn man weiß, dass sie irgendwann wichtig werden.

 

Ansonsten: Wir hätten nicht früher mehr Vertrieb machen sollen. Unser Produkt musste erst stabil sein, bevor wir wirklich skalieren konnten. Das war die richtige Entscheidung, auch wenn es manchmal schwerfiel, geduldig zu bleiben.

Du Willst noch mehr sehen?

Weitere
BEITRÄGE