Gründung des Monats: ICODOS
23.06.2025
Daniela Musial-Lemberg
Gründung des Monats
Die KIT-Ausgründung ICODOS entwickelt eine neuartige Technologie zur Herstellung von nachhaltigem E-Methanol – einem zentralen Baustein für die klimaneutrale Zukunft von Verkehr und Chemie.
Das Team hat die klare Vision einer klimaneutralen Prozessindustrie. Wie kam es zur Gründung, welche Herausforderungen waren zu meistern und vieles mehr, erfährst du hier.
Wofür steht euer Unternehmen?
ICODOS ist ein Climate-Tech-Unternehmen aus Mannheim und ein Spin-off des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Unsere Mission ist es, nachhaltige Kraftstoffe und Chemikalien skalierbar herzustellen; aktuell vor allem nachhaltiges e-Methanol. Dazu kombinieren wir CO₂ aus Biogas mit erneuerbarem Strom. Durch unser patentiertes Hybridverfahren schaffen wir einen klimafreundlichen Kohlenstoffkreislauf, der es ermöglicht, die Prozess-, Chemie- und Kraftstoffindustrie CO2-neutral zu machen. Unsere Lösung ist sowohl kostengünstig als auch skalierbar, was entscheidend für die globale Energiewende ist.
Wo und wie kam euch die zündende Idee zur Gründung?
Die Idee und das Verfahren stammen ursprünglich von meinem Mitgründer Francisco „Paco“ Vidal Vázquez, der am KIT bereits seit über sieben Jahren an der Technologie geforscht und das grundlegende Patent angemeldet hatte. Anfang 2022 lernten Paco und ich uns durch einen gemeinsamen Freund aus der Climate-Tech-Branche kennen. Nach intensiven gemeinsamen Monaten, in denen wir die Technologie und deren Markteintritt gemeinsam analysierten, entschieden wir uns schließlich, im Herbst 2022 ICODOS offiziell auszugründen.
Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden?
Das Gründungsteam, bestehend aus Paco und mir, fand durch den bereits erwähnten gemeinsamen Freund zueinander. Paco bringt umfangreiche technische Expertise und langjährige Erfahrung in der Verfahrenstechnik mit, während ich aus meiner vorherigen Tätigkeit bei McKinsey strategisches und wirtschaftliches Know-how einbrachte. Nach einer Phase intensiver Zusammenarbeit, gegenseitiger persönlicher und fachlicher Einschätzung sowie gemeinsamen Gesprächen mit unseren Familien beschlossen wir, ICODOS gemeinsam zu gründen.
Was ist eure große Vision?
Unsere große Vision ist, bis zum Jahr 2032 weltweit zahlreiche Anlagen im industriellen Maßstab zu betreiben und jedes Jahr mehrere Millionen Tonnen CO₂-Emissionen zu vermeiden. Wir möchten als global führendes Technologieunternehmen der nachhaltigen Prozessindustrie wahrgenommen werden; gewissermaßen als das BASF der erneuerbaren Moleküle.

Wo seht ihr nennenswerte Hürden beim Gründungsprozess?
In unserem Bereich, dem sogenannten Deep-Tech, dauert der Weg von der Idee bis zur industriellen Marktreife sehr lange, oft zwischen fünf und zehn Jahren. Auch regulatorische Hürden sind erheblich, insbesondere bei Genehmigungen und Sicherheitsanforderungen, etwa im Bereich Explosionsschutz oder Bauleitplanung. Zudem erfordert die Anlagenentwicklung und der Anlagenbau hohe Investitionskosten, lange Vorlaufzeiten und zuverlässige Lieferanten; alles Faktoren, die zusätzliche Herausforderungen darstellen.
Wo habt ihr euch Unterstützung geholt?
Wir haben umfangreiche Unterstützung von mehreren Seiten erhalten. Zum einen hat uns die KIT-Gründerschmiede mit Coaching und Beratung unterstützt. Weiterhin hat das Institut für Mikroverfahrenstechnik unter Leitung von Prof. Roland Dittmeier uns durch Zugang zu Laboren, Personal und geistigem Eigentum begleitet. Finanziell wurden wir von einem EU-geförderten Horizon-Europe-Projekt sowie in einer Pre-Seed-Finanzierungsrunde durch Business Angels und 1.5° Ventures unterstützt. Zusätzlich spielten die Stadt Mannheim sowie die dort ansässige EBS Mannheim eine bedeutende Rolle bei der Realisierung unserer Pilotanlage.
Was waren in eurer Gründungsphase besonders große Herausforderungen?
Eine der größten Herausforderungen war sicherlich der Aufbau unserer Pilotanlage „Mannheim 001“, die weltweit erste Anlage, welche die komplette Prozesskette vom Abwasser über CO₂ bis hin zum nachhaltigen Schiffskraftstoff auf Basis von erneuerbarem Strom demonstriert. Parallel dazu war auch die Sicherstellung unserer Finanzierung eine Herausforderung, da ohne das eingeworbene Kapital weder die Anlage gebaut noch unser Team aufgebaut werden konnte.
Hat sich seit der formalen Gründung etwas für euch geändert?
Seit der offiziellen Gründung hat sich für uns sehr viel verändert. Unser Unternehmen wuchs schnell auf mittlerweile über 20 Mitarbeiter in Deutschland und Spanien. Die Verantwortung und die öffentliche Wahrnehmung haben erheblich zugenommen.
Wie habt ihr das Problem der Anschlussfinanzierung gelöst?
Wir konnten unsere Finanzierung über mehrere Wege sicherstellen. Die erste wichtige Finanzierungsquelle waren EU-Fördermittel aus dem Horizon-Europe-Programm. Anschließend führten wir in 2023 eine Pre-Seed-Runde durch, in der wir von Climate-Tech-Angels und dem Fonds 1.5 Ventures unterstützt wurden. Zusätzlich haben wir mehrere Projektförderungen eingeworben und planen derzeit eine umfangreiche Finanzierungsrunde für unsere erste Großanlage in Spanien.

Haben globale Krisen Auswirkungen auf euer Startup?
Globale Krisen wie der Ukraine-Krieg und Zollkonflikte hatten tatsächlich Auswirkungen auf ICODOS. Sie führten zu längeren Lieferzeiten und höheren Preisen bei wichtigen Komponenten und Materialien. Außerdem beeinflussten sie maßgeblich unsere Standortentscheidungen.
Was sind eure nächsten großen Meilensteine in den kommenden 12 Monaten?
In den nächsten zwölf Monaten wollen wir den Bau unserer ersten industriellen Anlage, der sogenannten „Plant S“ in Spanien, intensiv vorantreiben und das entsprechende Genehmigungsverfahren abschließen. Parallel dazu führen wir derzeit Verhandlungen über langfristige Abnahmeverträge mit Partnern aus der Schifffahrt und der Chemieindustrie. Zusätzlich bereiten wir eine Finanzierungsrunde vor und planen, unser Team weiter auszubauen.
Welche Eigenschaft sollte man aus eurer Sicht als Gründer*in mitbringen?
Aus meiner Sicht ist es essenziell, als Gründerin oder Gründer radikales Selbstvertrauen zu besitzen: den tiefen Glauben, jedes auftretende Problem bewältigen zu können. Gleichzeitig ist es wichtig, die nötige Demut mitzubringen, um externes Wissen einzubinden und sich Unterstützung zu holen, um eben diese Probleme zu lösen.
Habt ihr ganz praktische Tipps für andere junge Unternehmensgründer*innen?
Zunächst sollte man ehrlich hinterfragen, was die eigene Motivation für die Gründung ist, denn der Weg eines Gründers ist langfristig, herausfordernd und voller Hürden. Große Herausforderungen sollten immer in kleine, überschaubare Schritte zerlegt werden. Probleme löst man idealerweise durch den gezielten Einsatz von Experten, die vergleichbare Herausforderungen bereits gemeistert haben. Zudem sollte man Dienstleister und Lieferanten gründlich prüfen und Netzwerkveranstaltungen gezielt auswählen, um seine Zeit optimal zu nutzen.
Was würdet ihr aus heutiger Sicht vielleicht anders machen?
Im Rückblick würden wir wahrscheinlich noch intensiver und früher unsere Lieferanten und Dienstleister prüfen, da wir hierdurch einige Verzögerungen und Qualitätsprobleme hätten vermeiden können. Insgesamt sind wir aber überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben und würden die meisten unserer Entscheidungen genauso wieder treffen.
Vielen Dank für das Interview!
ICODOS im Podcast
Ihr möchtet noch mehr über ICODOS und den Gründungsprozess erfahren? Auf Spotify und Apple Podcasts findet ihr unsere Podcastfolge mit David aus dem Gründungsteam.
