Gründung des Monats: Bytefabrik

VERÖFFENTLICHT AM
06.04.2022
Autor
Daniela Musial-Lemberg
Kategorie
Gründer des Monats
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Wir sprechen mit Dominik und
Philipp aus dem Gründerteam.

Wofür steht euer Unternehmen?

Dominik: Wir machen die Analyse von Live-Daten aus Maschinen und Anlagen einfach! Unsere Lösung hilft fertigenden Unternehmen, datengetriebene Entscheidungen zu treffen. Viele Maschinen erheben schon heute in laufenden Produktionsprozessen viele Prozessdaten über eingebaute Sensorik, z.B. Druck, Temperatur oder Ergebnisse aus Prüfprozessen. Allerdings werden diese Daten abseits der Steuerung noch viel zu selten genutzt.

Philipp: Das liegt zum einen an Zeitmangel, da es in der Produktion eigentlich fast immer irgendwo brennt und daher nur wenig Zeit bleibt, die Daten auf Optimierungspotential für bessere Produkt- oder Prozessqualität zu nutzen. Auf der anderen Seite haben gerade kleine und mittelständische Unternehmen häufig auch kein oder nur wenig Data-Science-Know-How oder IoT und tun sich daher gerade beim Einstieg schwer.

Dominik: Und genau das wollen wir mit unserer No-Code-Lösung ändern. Unsere Software erzeugt mit wenigen Klicks Einsichten, hilft Unternehmen, Transparenz über laufende Prozesse zu erlangen und in einem nächsten Schritt auch Vorhersagen, z.B. bezüglich abnehmender Qualität oder Wartungszyklen zu erzeugen. Und das ohne großen technischen Aufwand.

Wo und wie kam euch die zündende Idee zur Gründung?

Dominik: Wir haben in den letzten Jahren am FZI Forschungszentrum Informatik gearbeitet. Das FZI sieht sich als Technologietransferzentrum, ist Innovationspartner am KIT und hilft gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen, neue Erkenntnisse aus der Forschung in mehrwertbringende Anwendungen zu überführen. Mit unserem Hintergrund bezüglich „Stream Processing“ und maschinellem Lernen haben wir hier oft mit Daten aus dem Produktionsumfeld zu tun gehabt. Häufig haben wir ähnliche Dinge immer wieder neu kombiniert. So kam uns die Idee, eine Lösung zu schaffen, welche die Wiederverwendung von Algorithmen ermöglicht, um auch Anwendern ohne Programmierkenntnisse dabei zu helfen, komplexe Analyseanwendungen zu entwickeln.

Philipp: Die Lösung haben wir dann prototypisch entwickelt und als Open Source zur Verfügung gestellt. Open Source hat damals schon in vielen Bereichen sehr erfolgreich funktioniert, im Maschinenbau haben wir damit aber eher Neuland betreten. Als wir gesehen haben, dass es immer mehr Interesse an unserer Lösung gibt, haben wir uns Ende 2019 entschieden, unsere Software unter das Dach einer großen Stiftung zu stellen – der Apache Software Foundation. Dort entwickeln wir die Software jetzt federführend mit weiteren Entwicklern aus der ganzen Welt weiter.

Dominik: Und irgendwann war dann klar, dass es für eine gut funktionierende und bei Unternehmen eingesetzte Lösung auch kommerzielle Angebote geben muss. Das betrifft nicht nur Wartung und Support, sondern auch kundenspezifische Module. So kam uns dann die Idee, auf der Open Source-Lösung noch Module für das Training von KI-Modellen aufzusetzen, die ebenfalls völlig ohne Programmieraufwand durch Kommunikation mit dem Anwender funktionieren. Das nennen wir „interaktive KI“.

Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden?

Philipp: Ich bin als Hiwi ans FZI gekommen und habe dort bereits mit Dominik zusammengearbeitet. Das hat mir so gut gefallen, dass ich nach meinem Informatikstudium am FZI geblieben bin. Zusammen haben wir dann die Lösung weiterentwickelt. Als wir dann noch No-Code-Module für KI entwickeln wollten, ist Patrick zum Team gestoßen, der am FZI an Themen rund um einfache Nutzerinteraktion für KI-Entwicklung gearbeitet hat. So war das Team dann vollständig.

Dominik: Im Prinzip haben wir alle schon jahrelang zusammengearbeitet und konnten daher relativ gut wissen, wie das als Team in einer Ausgründung funktioniert. Trotzdem ist es dann nochmal deutlich anders, als in der Zeit davor.

Wo seht ihr die Hürden beim Gründungsprozess? Wo habt ihr euch Unterstützung geholt?

Dominik: Wir haben ganz viel Unterstützung bei FZI und KIT bekommen. Das FZI unterstützt Gründungen in vielen Phasen. Wir sind z.B. schon lange vor der Gründung mit dem FZI auf Messen gewesen und konnten dort wichtiges Feedback einholen. Durch Industriekontakte konnten wir ebenfalls viel Feedback sammeln. In Richtung Gründung hat das FZI dann Das KIT hat uns auch hervorragend im Gründungsprozess, z.B. bei der Beratung bzgl. EXIST geholfen.

Philipp: Ich glaube, die größte Hürde ist, es dann tatsächlich zu tun. Alles in allem macht es das Karlsruher Umfeld sehr einfach, Ausgründungen aus dem Forschungsumfeld anzugehen. Trotzdem muss man viele Dinge bei aller Beratung einmal selbst gemacht haben. Von daher gab es viel zu entdecken 😉

 

 

Was war in der Gründungsphase eine eurer größten Herausforderung?

Philipp: Ganz sicher die Suche nach dem Product-Market-Fit. Auch wenn wir versucht haben, durch Interviews und Kundengespräche sehr frühzeitig herauszufinden, wie wir unser Produkt an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten, gab es noch ganz schön viel zu tun. Der Weg von einem Forschungsprototyp zu einem Produkt ist gar nicht so kurz und der Weg von einem Open-Source-Projekt zu einem kommerziell erfolgreichen Produktangebot ist ebenfalls nicht leicht. Da haben wir viel gelernt und es hat uns geholfen, mit einem Partnernetzwerk aus dem Maschinenbau viel über die Herausforderungen der Branche zu lernen.

Hatte Corona bisher einen Einfluss auf euer Start-up/ Branche und wenn ja, welche? (optional)

Dominik: Auch wenn wir unseren EXIST-Antrag mitten in der Coronazeit gestellt haben und daher gewissermaßen auf die Situation eingestellt waren, hätten wir nicht gedacht, dass es uns noch das gesamte EXIST-Jahr begleitet. Das hat insbesondere die Akquise von Neukunden schwerer gemacht. Trotz aller virtuellen Formate ist der persönliche Kontakt etwas, der in unserer Zielbranche nur schwer zu ersetzen ist. Da es keine Messen oder Veranstaltungen gab, waren wir viel auf persönliche Weiterempfehlungen von bestehenden Kontakten angewiesen. Insgesamt hat die Branche durch Corona, die ganze Lieferkettenproblematik und auch die aktuell dramatische Situation gerade viele Herausforderungen. Das zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, ein Produkt zu haben, welches wirklich einen Schmerzpunkt bedient.

 

 

Welche Eigenschaft sollte man aus eurer Sicht als Gründer*in mitbringen?

Philipp: Begeisterung für das Produkt ist aus meiner Sicht sehr wichtig.

Dominik: Begeisterung unterstreiche ich sofort. Vielseitigkeit ist auch wichtig – am Anfang macht man eigentlich alles selber, daher ist es schön, wenn man sich für viele, auch sehr unterschiedliche Themen begeistern kann. Ausdauer ist natürlich auch eine Eigenschaft, denn der Start des eigenen Unternehmens ist zumindest aus unserer Sicht alles andere als gradlinig.

Habt ihr ganz praktische Tipps für andere junge Unternehmensgründer*innen?

Dominik: So früh wie möglich mit dem Markt auseinandersetzen! Kundenfeedback ist das Allerwichtigste. Das geht auch schon hervorragend vor der Gründung, z.B. während der Tätigkeit am FZI oder KIT. Wir führen viele Gespräche, um herauszufinden, wie wir unser Produkt anpassen müssen und wo bei den Unternehmen Probleme sind, zu deren Lösung für beitragen können. Kundenfeedback kann man nie zu früh einholen.

 

 

Was würdet ihr aus heutiger Sicht vielleicht anders machen/ angehen?

Philipp: Da gibt es sicher viele Dinge, aber im Nachgang ist man immer schlauer. Aber das ist ja auch das Schöne, wenn man etwas zum ersten Mal macht, wäre es komisch, wenn man alles richtig macht. Wir würden wahrscheinlich noch früher auf die Straße gehen und die Technologie hinter unserem Produkt mal für 2 Monate vergessen.

 

 

Wie sehen eure Pläne für die Zukunft aus? Was sind eure nächsten großen Meilensteine?

Dominik: Aus der Open Source-Sicht hoffen wir, in Kürze ein Top-Level-Projekt bei der Apache Software Foundation zu werden. Dann haben wir den Übergang zu einem communitygetriebenen Projekt geschafft. Wir möchten weiterhin die Entwicklung maßgeblich begleiten und Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Aus der Produktsicht möchten wir zusammen mit unseren aktuellen Pilotkunden weitere spannende Anwendungen angehen und den Übergang vom Projekt- zum echten Produktgeschäft schaffen. Sobald wir dort sind, werden wir auch weitere Finanzierungsmöglichkeiten für ein schnelleres Wachstum evaluieren.

 

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen!

 

Das Interview als Podcats!

 

Wir von der KIT-Gründerschmiede haben mit Dominik und Philipp persönlich gesprochen. Hört rein in unsere aktuelle Podcast-Folge mit Bytefabrik.ai.

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