Gründung des Monats: milli IC
17.02.2025
Emma Schmitt
Gründung des Monats
Frühzeitig das Thema Gesellschaftsvertrag und Steuerberatung angehen und Mentoring von Experten nutzen. Das sind einige der Tipps unserer Gründung des Monats, milli IC. Das Startup hat sich am KIT zusammengefunden und entwickelt performante Hochfrequenzschaltungen im Bereich der Millimeterwellentechnik - für den Laien auch bekannt als Chip-Design.
Im Interview mit milli IC
Wir haben mit Alexander aus dem Team von milli IC über ihren Weg von der ersten Idee bis zum Markteintritt, Hürden, Herausforderungen und Erfolge gesprochen. Du willst noch mehr wissen? Hör rein in die Podcastfolge auf Spotify oder Apple Podcast.
Wofür steht euer Unternehmen?
milli IC entwickelt performante Hochfrequenzschaltungen im Bereich der Millimeterwellentechnik. Durch unsere Nähe zur aktuellen Forschung möchten wir vor allem dafür stehen, aktuellste und innovative Lösungen in kommerzielle Produkte zu überführen. Dies geschieht entweder in Eigenentwicklung oder als Entwicklungsdienstleister für Dritte.
Wo und wie kam euch die zündende Idee zur Gründung?
Esref aus dem Gründungsteam spielte schon lange vorher mit dem Gedanken einer eigenen Ausgründung. Zusätzlich entstand am KIT um 2022 eine Entwurfsmethode für Hochfrequenzleistungsverstärker, die für Patentierung und Kommerzialisierung infrage kam. In 2023 kam die industrielle Nachfrage der VEGA Grieshaber KG in Gesprächen mit Prof. Ulusoy dazu. Die Vorgänge liefen zuerst parallel und unabhängig voneinander ab und wurden durch Prof. Ulusoy zusammengefügt. Die Kombination gab Ende 2023 schließlich den Anstoß zur Gründung.
Wie hat sich das Gründungsteam zusammengefunden?
Das Gründungsteam entstand aus dem akademischem Umfeld des KITs. Esref Türkmen verfolgte seine Industriepromotion am KIT. Darüber entstand der Kontakt mit den anderen Gründern des KITs. Prof. Ahmet Cagri Ulusoy, Professor am Institut für Hochfrequenztechnik und Elektronik, und Alexander Haag, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des KITs. Es war uns wichtig, keine rein akademische Ausgründung zu sein, weshalb Esrefs langjährige Industrieerfahrung eine super Ergänzung zu den KITlern war. Als industrielle Mitgesellschafterin und Unterstützerin ist die VEGA Grieshaber KG, die mit innovativer Messtechnik für Füllstand und Druck global erfolgreich ist, mit an Bord gekommen. Schon vor dem Gründungsprozess gab es zwischen KIT und VEGA persönliche Kontakte und der Bedarf des Unternehmens für Chip-Design war bekannt. So war die Zusammenarbeit die logische Folge.
Wo seht ihr nennenswerte Hürden beim Gründungsprozess?
Wir sehen einerseits einen bürokratischen Anteil, mit dem wir Ingenieure uns in unseren bisherigen technikorientierten Werdegängen wenig befasst hatten, andererseits gibt es finanzielle Hürden. Da wir mit einem privaten Investor gestartet sind, war die Akquise eines initialen Investments für uns zwar eine Herausforderung, aber vergleichsweise gut lösbar. Zusätzlich konnten wir teilweise auch bei bürokratischen Aspekten auf private Unterstützung zurückgreifen. Langfristig benötigt Chip-Design jedoch sehr hohe Investments, welche in einer Gründung schwer zu rechtfertigen sind.
Wo habt ihr euch Unterstützung geholt?
Wir haben uns initial bei der KIT-Gründerschmiede zu Themen wie EXIST-Förderungen beraten lassen, aber für uns in den öffentlichen Förderungsbedingungen kritische Punkte gesehen, welche im Vergleich zu einem privaten Investment für uns deutliche Nachteile bedeutet haben. Da wir mit dem privaten Investment fortgefahren sind, haben wir uns anschließend privat informiert oder beraten lassen.
Hat sich seit der formalen Gründung etwas für euch geändert?
Da sich unsere Vorgründungszeit hauptsächlich auf Verhandlungen mit unserem Investor beschränkt hat, hat sich seit der Gründung natürlich einiges geändert. Hauptsächlich dadurch, dass wir aktiv als Firma operieren. Im Bereich des Chip-Designs ist es schwierig, Kontakte mit den großen Chipherstellern zu knüpfen, wenn keine existierende Firma dahintersteckt. Durch unsere Kontaktaufnahme ist unsere Sicht auf das Thema Zeit heute anders als zur Gründungszeit. Wir sind als Chipentwickler von den Firmen, die diese Chips herstellen, abhängig und der Prozess des Technologiezugangs und des Einholens von konkreten Informationen, wie zu erwartender Kosten, hat sich als deutlich zäher herausgestellt als zuerst angenommen.
Hatten globale Krisen Auswirkungen auf euer Startup?
Durch die politisch stark umkämpfte Chiptechnologie sehen wir, dass globale Krisen durchaus Auswirkungen auf unseren Markt haben und haben können. Beispiele dafür sind der US und EU Chips Act. Initial versprechen wir uns dadurch positive Auswirkungen für unsere Zukunft, Garantien gibt es natürlich keine.
Was sind eure nächsten großen Meilensteine in den kommenden 12 Monaten?
Wir sehen in den nächsten 12 Monaten vor allem die Fertigstellung der Entwicklung eines ersten voll funktionsfähigen hoch performanten Radarchipprototypen für Füllstandsensorik als großen Meilenstein. Dazwischen wird es einige weitere Meilensteine wie die hoffentlich positive Bestätigung eingereichter Projektanträge für öffentliche Förderungsprogramme zur Erweiterung des Portfolios von milli IC um innovative Produkte und die Erweiterung unseres Teams um zusätzliche Ingenieure geben.
Welche Eigenschaft sollte man aus eurer Sicht als Gründer*in mitbringen?
Gründer sollten tatsächlich sehr vielseitig sein und agieren können. Für uns hat sich herausgestellt, dass es wichtig ist, in einer Sache, meistens dem fachlichen Bereich der Gründung, sehr gut zu sein, aber trotzdem alle anderen anfallenden Aufgaben bewältigen zu können. Für uns sind Durchhaltevermögen und ein wenig Biss relevant. Es wird nicht immer alles sofort glatt gehen. Man sollte aber nicht vergessen, auch etwas Spaß zu haben.
Habt ihr ganz praktische Tipps für andere junge Unternehmensgründer*innen?
Allgemein können wir sagen, dass persönliche Kontakte und Empfehlungen häufig sind Türöffner und Vorgänge ungemein beschleunigen. Hier profitieren wir zum Beispiel durch die Kontakte von Prof. Ulusoy und der VEGA. Besonders hilfreich ist es, auf den Erfahrungsschatz, die aktive Unterstützung und das Mentoring von Experten zurückgreifen zu können, in unserem Fall Prof. Ulusoy.
Bezüglich Gründung einer Kapitalgesellschaft (GmbH), empfehlen wir frühzeitig den Gesellschaftsvertrag zu besprechen, frühzeitig Steuerberatung zu suchen und offene Fragen zu klären und mit großzügigen Puffern beim Kapital zu planen.
Was würdet ihr aus heutiger Sicht vielleicht anders machen?
Wir würden sagen, dass wir intern sehr zufrieden sind. Natürlich gibt es externe Faktoren, die wir gerne verbessern würden, aber die Kontrolle darüber haben wir oft nicht. Insgesamt würden wir rückblickend noch großzügiger planen.
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